Bresser-Optik Refraktor 60/900mm (Towa)

Ach, wie schwer ist es, die Fingerchen still zu halten ... wenn einem da immer wieder mal schöne Klassiker über den Weg laufen. So auch mit diesem hier geschehen ... für einen korrekten Preis konnte ich den "Bresser 45-1200"-Refraktor (Fabrikat: "Towa") komplett mit OVP und allem Zubehör bekommen. Also - her damit ;-). Ein paar Tage nach der Überweisung lag dann auch ein sauber verpacktes Paket im Flur. 60/900 ... die gab es ja wie Sand am Meer ... in verschiedenen Ausführungen. Dieser hier verspricht dann bis "450-fache Vergrößerung ... naja, bei 60mm Öffnung leicht übertrieben ;-) : Zudem sollte diese 450-fache Vergrößerung dann vermittels eines "SR-4mm" 24.5mm Okulares und einer nicht achromatischen Barlowlinse erreicht werden. Man muss kein Prophet oder Optikkenner sein, um zu erkennen, daß sowas Tinnef ist. Da halten wir mal die Füße still ... .
Zum Zubehör ... ja besagte Barlowlinse ist auch anbei ... verdammt zu einem Leben in Arbeitslosigkeit. Nicht so die Okulare ... siehe weiter unten. Aber der Okularsonnenfilter ... wieviele Erblindungs-Opfer diese Teile wohl schon gefordert haben? Desweiteren amüsant sind auch die Gummiproppen an den Stativ für "Schwingungsdämpfung". Jo mei ... das sind Schwingungsinitiatoren. Sofort runter und ... ab zum amateurastronomischen Gerätearbeitsamt. Fragwürdig ist das recht spirrelige Holzstativ ... naja, das bekommen wir noch irgendwie hin. Schließlich - das ist nun echt niedlich - die kleine Funzel auf der Okularablageplatte - feines Weißlicht in nächtlicher Dunkelheit. Das mit dem angedeutetem weißem "Lampenschirmchen". Süß !!

Da ist aber auch schon Ende der Fahnenstange zum Thema "Lästern" erreicht. Denn - nach dem eher negativen Aufgalopp überweigt bei Weitem der positive Eindruck dieses Gerätes. Was ich zunächst mal wirklich ganz großes Kino finde, ist der reelle 6 x 30er Sucher. Das ist ein Achromat, der prima zu nutzen ist. Normalerweise findet man bei diesen Geräten ja immer diese fiesen 5 x 24 Chromaten-Sucher, die dann auf ca 7mm abgeblendet sind, um eben den höheren Aufwand der Fertigung eines 24er Achromaten zu umgehen. Und diese "Sucher" taugen ja wirklich nichts. Also - der hiesige 6x30er ... ein Freude. Dicker Pluspunkt. Die drei Okulare ... in 0"96-Zoll-Bauweise ... nungut, die kennt man ja. Es sind da ein 22mm Kellner (V=41x), ein H-9mm (V=100x) und das schon erwähnte SR-4mm (V=225x). Erstere beide (22 und 9mm) sind durchaus brauchbar, wenn man mit den nicht wirklich großen Gesichtsfeldern klar kommt. Das 4er ... nunja ... kleines Gesichtsfeld (ca30-35°) und höchste Vergrößerung (225x) ... schon seeeehr gewöhnungsbedürftig. Geht aber am Doppelstern (ich hatte dann mal Castor (4"1 Distanz) in den Zwillingen. Das machte das "Mäuseauge" sogar recht brauchbar. Aber ehrlich ... da gibt es schon Besseres. Das kleine Zenitprisma ist durchaus wertig gearbeitet, nicht ein billiger Spiegel, sondern ein wirklich reelles Prisma wird als Umlenkeinheit mitgeliefert. Sonnen- und Mondfilter ... nunja, vielleicht kommt bei Vollmond der Mondfilter mal zum Einsatz. Den Sonnenfilter ... könnte man ja auch nehmen, wenn man die Möglichkeit hätte, das Objektiv auf max 30mm vorn abzublenden. Das dürfte dann klappen. So aber nicht, denn es besteht Gefahr der Erblindung durch hitzebedingtes Platzen des Filters!!
Die Montierung - klar die Bekannte, die den meisten Japan-Geräten dieser Periode beigelegt ist, ist für diesen leichten Tubus durchaus stimmig. Allerdings darf da auch nicht viel mehr "drauf", denn dann wird die Sache instabil. Sie trägt den Tubus mit brauchbarer Stablilität; eventuelles Schwingen darf das Stativ auf seine Kappe nehmen. Ja, und da bin ich bein eigentlich entscheidenden wie überzeugendem Schwachpunkt solcher Geräte: warum baut man ein durchaus wertiges Gerät mit ansprechender Optik (denn die ist echt nicht schlecht), überwiegend gut nutzbarer Montierung ... um dann diese ganze Konstruktion durch ein Zitterstativ zu destabilisieren und damit zu entwerten? Das war damals so ... ja und heutzutage hat man nicht nur nichts daraus gelernt, sondern man treibt es (hersteller- und händlerseitig noch schlimmer ... ). Das ist zum ...    denn das a) entwertet (wie gesagt) die Geräte und b) verlockt zum schnellen Ausstieg aus unserem schönen Hobby.


Hersteller & Händler ... hört endlich auf, den - gern auch als "Einsteigergeräten" bezeichneten - Teleskopen diese Schrottstative mitzugeben. Bei den heutig üblichen Fertigungsmöglichkeiten kann man mir nicht erzählen, daß man (vielleicht für ein paar wenige Euro mehr) nicht auch brauchbare Stative mitgeben kann.


Gut, dann habe ich das Teleskop ja auch schon mal getestet ... Zunächst stand eine ca. 2 Tage alte Mondsichel tief im Westen ... bot im 22er und 9er ein durchaus schönes Bild. Ich hab dann statt dem 4er (da war dann das horizontnahe Seeing auch zu stark) ein noch vorhandenes 6er Ortho für eine 150fache Vergrößerung genommen und ... das hat dann richtig Spass gemacht, damit zu beobachten. Eine scharfe Abbildung lies mich über die Krater- und Mareszenerien der Sichel wandern. Sehr schön! Der unweit des Mondes stehende Merkur war dann das nächste "Objekt meiner Begierden". Auch hier die 150fache ... zwar waberte hier schon die Luft ziemlich, aber die ca. 6 oder 7 Bogensekunden große Halbphase des innersten Planeten war gut ausmachbar. Weiter ging es dann über den Sirius (hier wollte ich mal die Abbildung am Stern sehen: man sah eine rundes "Sternabbildchen" mit Beugungsring). Von dort aus weiter zu eta Orionis, dem 1"7er Doppelstern im Orion. Nungut, 60mm Öffnung "können" ja eigentlich nur 1"9 Bogensekunden. Aber ... vielleicht länglich? Nun, da erreichte der 60er dann doch ganz klar seine Grenzen ... mit viel Wohlwollen war bei 150fach eine "Verlänglichung" des Sternbildchens erkennbar. Kann aber auch Seeing oder Einbildung gewesen sein ... da sind die Grenzen ja bekanntermaßen sehr fließend ... . Okay. Da ist Ende Gelände. Stattdessen kam dann noch Castor (s.o.) vor die Linse. Und mit den 4"1 hatte der Bresser nun keine Probleme. Sauber wurden die Sterne schon bei 41fach getrennt, alles darüber natürlich easy. Am besten gefiel mir die Abbildung im 6er Ortho .. klare saubere Sternbildchen bekam ich zu sehen. Dann hab ich mal eingepackt ...

Fazit: Gutes Gerät auf mangelhaftem Stativ. Brauchbar stabile Montierung, anständige Optik, prima Sucher, ausreichende Okulare (hier wäre eine 6er orthoskopisches statt des 4er sicher eine absolut gewinnbringende Alternative gewesen. Wenn man dem "Bresser 45-1200" ein stabiles Stativ "schenkt", hat man ein sehr anständiges Gerät, was im Bereich der "60mm-Klasse" sicher viel Freude macht.






Bresser-Optik Refraktor 60/900mm    Bresser-Optik Refraktor 60/900mm   

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