Tasco 13-V Refraktor 80/910mm

Da konnte ich Anfang des Jahres einen richtig schönen Klassiker aus den bekannten Kleinanzeigen fischen: den  Tasco 13-V 80/910mm FH-Refraktor. Sozusagen der Opa aller 80/900er Linsenteleskope. Komplett mit voller Ausrüstung (NP-Montierung & Polsucher, Holzstativ, den drei 0"96er Okularen Or6, HM12,5 und K 20mm - natürlich alle aus Metall - dem dazugehörigen Zenitprisma und dem sonstigen Kleinkram für nur wenig mehr als dem Gegenwert einer Tankfüllung von meinem T5er VW-Bus)

So nun war der Oldie mal wieder unter "Licht"; am 13.08. während des kleinen Stuttgarter Teleskoptreffens. Der Tasco wurde ganz in Originalausrüstung benutzt, also auch mit den 0"96 Okularen (OR6, HM12,5 und K20mm) Tagsüber schien die Sonne, ich hatte aber blöderweise meinen Sonnenfilter zuhause gelaßen, also eine Filterfolie-Selbstbaukonstruktion geliehen. Die war aber derart verstaubt, das man zwar andeutungswesie die Flecken sehen konnte, viel mehr aber nicht. Also, sonnen und plaudern. Später kam dann der dreiviertel volle Mond auf die Bühne. Und hier fing der Tasco dann an, zu gefallen: Mit dem Maus-Auge-Or6mm Okular den Terminator abzufahren war eine Freude. Die Luft war recht gut, so das man hier wirklich die "Dynamik" aus Bergen, Kratern, Maria und aus dem Mondschatten heraus"lugende" Bergspitzen sehen konnte. Fein!

Als es dann dunkel genug war, wurde zunächst der recht tiefstehende dreiviertel-Mars ins Visier genommen. Hier zeigte die ca 35 Jahre alte Japanoptik immer noch schwach Strukturen auf der Marsoberfläche. Aber der Planet ist doch schon recht klein und vor allem: eben schon sehr tief.
Der etwas höherstehende Saturn war allerdings eine einzige Freude: Die Luft war dann zeitweise so ruhig, daß man die Caßini-Teilung stehend und ruhig umlaufend erkennen konnte, den Planetenschatten auf der einen Seite der Ringe und auch war der Hauptatmosphärenstreifen gut zu erkennen (sogar für eine junge Frau, die den Saturn das erste Mal gesehen hat). Das war dann echt schön.

Schließlich war es dunkel genug für die ersten Sterne ... natürlich - es war ja auch eine Zeigen-Veranstaltung - e1/2 Lyrae. Ja, da konnte dann ein Neubeobachter mal eben ganz einfach und wunderbar aufgelöst bei Sterne jeweils doppelt erkennen. Auch die junge Frau hat wohl das erste Mal in ihrem Leben einen doppelten Doppelstern gesehen. Überhaupt: dieser alte Refraktor mit seinen 80 nicht mal besonders spektakulären mm Öffnung war immer recht gut von Besuchern angefragt.

Die Blicke auf M57 waren zunächst (es war noch nicht richtig dunkel) natürlich bescheiden: da war bei 72x im HM 12-5er Okular ein blaßes Scheibchen erkennbar - mehr noch nicht. Auch die andere schöne "Standardkerze" - M 13 - war zunächst bis auf einen breiten Fleck und kaum wahrnehmbaren "Grißeln" nicht besonders beeindruckend. Das waren beide erst später bei Dunkelheit (soweit man bei einem Stuttgarter Stadthimmel von "dunkel" sprechen kann: M57 war dann schon gut als Ring zu sehen, selbst der "Vorläuferstern", ca 11m9 hell, war indirekt blitzend erkennbar. Und auch M 13 konnte dann bei 152fach richtig als Haufen gesehen werden, viele Sterne waren schwach, aber direktsichtig erkennbar.

Meine Liebe gehört ja den Doppelsternen: Da wurde - auch einem Kollegen vom Stuttgarter Astrostammtisch - dann pi Aql (1"44) gezeigt. Auch er sah ihn im 6er Ortho getrennt. Also keine Einbildung bei mir. Die Optik hat also eine echt ansprechende Qualität. Abschließend gab es dann noch e Boo, ein Doppelter mit 2"7 aber schon etwas höherem Helligkeitsunterschied. Auch der war gut trennbar, wenngleich die schwächere Komponente dann doch gern bei etwas unruhigerer Luft im ersten Beugungsring hier und da "unterging", da ja die Hauptkomponente doch ziemlich hell ist.


Fazit: der Oldie ist klasse! Die Optik knackescharf und braucht sich mal überhaupt nicht hinter heutigen Optiken der Öffnungsklasse zu verstecken. Selbst die Okulare dieser alten 0"96 Bauweise liefern echt ansprechende Bilder. Klar, der Komfort heutiger Okulare hat schon was. Aber optisch müßen sich heutige Standardgeräte und Okulare schwer strecken, um an diese schöne Abbildungsqualität heranzukommen. Der Tasco 13-V geht nach Dänemark mit in zwei Wochen. Nach Samsö unter dann hoffentlich klaren und dem dort vorhandenen wirklich dunklen (6m5-6m8) Himmel ...

Tja, manchmal macht man dann Fehler: ich hatte diesen schönen 13-V dann abgegeben - nicht der Verkauf selbst war der Fehler, sondern der Käufer. Ein Mensch, mit dem man Kontakt meiden sollte - die Sorte, die sich zuerst sehr nett gibt, dann aber seinen wahren Charakter zeigt. Und zudem ein solches klassisches Fernrohr mit merkwürdigen "Modernisierungen" m.M. nach verhunzt hat. Schade, das die Astroszene von solchen Gestalten nicht verschont geblieben ist.

Den Verkauf des 13-V konnte ich aber bald wieder ausbügeln - fand ich dann alsbald doch wieder so einen, der nun hier weilt.



Klaßiker: Tasco 13-V Refraktor 80/910mm