Vixen 90L FH-Refraktor 90/1300mm
ab xx.10.2017

Langer Lulatsch ... oder: was man aus einem Zeiss Fernglas sonst noch so machen kann ...

Habe für kleines Geld ein Zeiss 8x30er Glas bekommen, welches denn schnell die Aufmerksamkeit eines Freundes erregte ... der wiederum konnte einen kompletten Vixen FH 90/1300er Refraktor incl. Zubehör für 20€ vor dem Verschrotten retten ... da er das Glas wollte und ich einem Tausch auch nicht abgeneigt war, wurde schnell Vollzug gemeldet: Er das Glas (hat mich 30€ gekostet), ich den Refraktor (der beim Freund dann eh nur herumstand) und gut wars.
Okay, der ca. 130cm lange und 4.3 Kilo schwere Refraktor war in ziemlich abgehuddeltem Zustand und zeigte auch ein schlechtes Bild: Freund hat mir auch gesagt, das das Objektiv durch den Trottel von Vorbesitzer einen Muschelbruch mitbekam (Objektiv wurde ausgebaut - dabei verkantet und fertig war der Muschelbruch :-( ) , der ca. 2% der optischen Fläche betraf, mitbekommen hatte. Naja, dann sind ja noch 98% zu gebrauchen. Schauen wir also mal. Weiter: Freund berichtete, das das Bild nicht wirklich dülle ist. Eigentlich ungewöhnlich für einen f/15-Fraunhofer, die liefern meist klasse Bilder. Das wurde dann getestet: Und ... ja ... um die Sternabbildung kleine runde "Höfe". Da hat wohl jemand mal das Objektiv rausgebaut und die Linsen falsch eingesetzt. Alte Nummer. Also: Objektiv raus und die bikonvexe Frontlinse eben mal gedreht und dann wieder eingebaut. Siehe da: Bild scharf - Höfe weg (meine Basteleien 1979 an einem Tasco-50/600er Objektiv und die damit verbundenen Erkenntnisse können also auch knapp 40 Jahre später durchaus erfolgreich und hilfreich sein). Dann habe ich den ärgerlichen Muschelbruch, der ja eine schöne Quelle für Streulicht sein könnte, schwarz eingefärbt und dann eben das Objektiv nochmals eingebaut. Klar sieht es elend aus, da ein so angemaltes Teil auf einem schönen Objektiv zu haben, aber: kann man nicht ändern.

Weiter sah der Tubus aus wie Sau: Extrem-Raucherhaushalt oder Staubbude. Die Farbe des Tubus ging ins Gelblich-Schmodderbraune über. Fies! Hier half das Einsprühen mit Glasreiniger: Schon nach kurzer Zeit lief da eine bräunliche Brühe den Tubus runter. Und nach Wegwischen dieses Schmocks sah der Tubus schon fast wieder originalfarben aus, wenngleich jahrzehntelanger Gebrauch natüürlich inform von Kratzern und auch einigen Einfärbungen hier und da seine Spuren hinterlassen hat. Aber was soll´s - gut! Auch die Montierung, eine New Polaris und das Alustativ sind in eher bescheidenem Zustand: Schrauben verrostet, überall Staub, weiterer Rost und Dreck und absolut "oll". Funktionieren tut aber alles.

Irgendwann ist natürlich dann auch die praktische Beobachtung dran ... zunächst einmal auf dem ATO-Sterngucker Treffen in Ostfriesland im Oktober 2017: ich hatte den Refraktor ja gerade vorher abgeholt und ... natürlich keine Okulare in 0"96-Zoll dabei. Super :-/ . Aber habe mir dann vom einem Freund dort welche geliehen und konnte dann am ersten klaren Abend auch gleich mal einen Blick durch den Refraktor werfen: Natürlich e Lyrae .. den er dann auch ohne viel Aufhebens in die beiden doppelten Paare auftrennte. Natürlich M 13, M57, so die "Standards", die ein ca 6er Himmel hergab. Der Haufen war dann auch ansatzweise aufgelöst und der Ringnebel zeigte sich andeutungsweise eben - als Ring. Als Doppelsterngucker musste dann natürlicch noch mein 80mm-Grenzdoppelstern pi Aql mit seinen 1"44 Distanz herhalten: hier war ich mir nun nicht sicher, ob oder ob nicht. Trennen muss so ein 90er ja eigentlich 1"25, aber es war auch etwas unruhige Luft wie auch durchziehende hohe Bewölkung am Start. Also: 50/50 - heisst für mich: Nicht getrennt.
Wieder zurück in Stuttgart musste das natürlich geklärt werden: am ersten Abend einer längeren Schönwetterperiode dann - auch wieder unsicher. War das Objektiv dejustiert? Dies getestet, aber daran lag es schliesslich nicht: denn am zweiten Abend konnte ich den Doppelten dann bei ruhigerer Luft klar und schön auseinanderdividieren ... mit gut Zwischenraum, welches das 80er Objektiv naturgemäß so nicht bieten kann. Schön! Schließlich kamen am dritten Abend dann bei fiesem Stadthimmel noch der PN NGC 6210 und der unter ihm befindliche Doppelstern mit ca 1"2-1"3 Distanz dazu. Also: macht der 90er - trotz des lästigen Muschelbruches das, was ein 90er können muß.

Nun gab es nach Ewigkeiten in diesem furchtbaren Wolken- und Regen"winter" mal wieder einen halbwegs klaren Abend. Den Refraktor - nun auf SP-Montierung und ein stabileres Baustativ "upgegraded" und ein bischen durch den Winterhimmel gewandert. Nach dem Eingangsdoppelten eta Ori (1"7), gut getrennt gab es noch ein schönes Trapez im Orionnebel; den auch mit Strukturen. Dann 32 Ori (1"27), also am theoretischen Limit für einen 90er. Und den machte der "Vixen" mindestens länglich, wenn nicht zeitweise sogar aufgelöst. Allerdings nervte das Seeing hier dann bei der 216fachen Vergrößerung doch so sehr, das eine klare Trennung nicht erkennbar war. Aber zwei Scheibchen beeinander waren sichtbar - zeitweise. 80 Tauri (1"5) schaffte ich nicht, wegen der für diese enge Distanz zu großen Helligkeitsdifferenz beider Komponenten. By the way .. Helligkeitsdifferenz: beta Ori - Rigel - mit seinen zwar harmlosen 9"5 Distanz aber einer Helligkeitsdifferenz von sechseinhalb Größenklassen ist da schon ein harter Brocken: am besten und sehr schö konnte ich den im Or12.5mm trennen (V=104x). Sirius wurde nichts, einfach zu starkes Seeing. Den traue ich bei stehender Luft dem 90er aber schon zu .. aber da muss es wirklich extrem ruhig sein. Abschliessend gab es noch den PN 2392 in den Zwillingen; Eindruck siehe Bild unten. War mal wiede schön und der 90er ist - trotz der ca. 2% eingefärbten Fläche - ein wunderbares Gerät.


Vixen FH 90/1300mm    Vixen FH 90/1300mm    Vixen FH 90/1300mm   

Vixen FH 90/1300mm    Vixen FH 90/1300mm    Vixen FH 90/1300mm   

Nun habe ich dem schönen "Vixen" dann eine SP-Montierung und ein sehr stabiles Stativ "spendiert" ... und das hat wirklich etwas gebracht: der Refraktor steht viel stabiler und zittert beim Fokussieren deutlich weniger als in seiner vorherigen "Kombination" bestehend aus dem Alustativ mit der NP-Montierung.

Vixen FH 90/1300mm    Vixen FH 90/1300mm   

NGC 6210 PN Her    NGC 6826 PN Cyg   

NGC 6543 PN Dra    NGC 2392 PN Gem

Nun, letztlich habe ich diesen schönen 90er dann doch veräussert, da ich mich mit diesem Muschelbruch irgendwie nicht anfreunden konnte ... und sicher irgendwo dann ein passabler Nachfolger wartet ...
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