Bresser Refraktor AR102L 102/1350mm - Anschlussprojekt (11.09.): Sinnhaftigkeit einer Allgemeinaussage zum Fassungsupgrade

Nach dem nun abgeschlossenen Projekt der Verbesserung des Bresser Refraktor AR102L 102/1350mm-Refraktors mit Hilfe der neuen Fassung steht nun ein gleich das Anschlussprojekt ins Haus: Es ist zu ermitteln, ob man nun alle Bresser mit Hilfe dieser Fassung so gut hinbekommen kann. Dazu stellen sich die folgenden Fragen:

  • ist mein Gerät ein "Ausreisser nach oben" oder markiert es lediglich einen durchschnittlichen Fertigungs- und Auslieferungszustand?
  • macht es bei weiteren Geräten Sinn, dieses Fassungs-Upgrade vorzunehmen?
  • kann aus den zu ermittelnden Resultaten nun eine allgemeinere Aussage getroffen werden?

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    Um das zu ermitteln, wird nun ein weiteres Gerät dieser Bauweise besorgt. Günstigerweise eines, welches sich schon als "Gurke" einen "Namen" gemacht hat. Hierzu versuche ich, an ein solches Gerät heranzukommen.
    Projektpartner Marc hatte günstigerweise gleich zwei dieser Fassungen gefertigt, so daß hier Handlungsspielraum gegeben ist: die zweite Fassung ist auf dem Weg zu mir und in sehr naher Zeit kommt auch der zweite Refraktor dieser Art ins Haus. Die nun schon vorhandene Nr.1 wird dann als Referenzgerät für diese rein visuellen Tests dienen. Ablauf: wenn das zweite Gerät zur Hand ist, wird es erst einmal - ohne Umbau - direkt getestet. Side-by-side zur Nr.1. So soll das "Delta" zwischen Auslieferungszustand und "Upgrade" klargestellt werden.

    Manchmal gibt es gute Zufälle und man erreicht sein Ziel schneller als erwartet: So konnte ich gestern abend noch den zweiten AR102L "anlanden", so daß zuminstest nun die Testvoraussetzungen gegeben sind. Ich habe den Refraktor dann abends gleich mal auf die Monti gepackt. Das Seeing war etwas stärker als am Vorabend (an dem mir die wirklich beeindruckenden Beobachtungen mit der "Nr.1" gelungen sind). Im Einzelnen:

  • Venus - noch am Taghimmel: Zeigte am unteren Rand der Sichel einen blauen Bereich, oben dann einen rötlichen. V=386. Im Referenzbresser ("Nr.1") war hiervon weitaus weniger zu sehen, sprich der ist farbneutraler (trotz der hohen V und dem recht tiefen Stand des Planeten)
  • Jupiter V 193/386) - hier war farblich der Unterschied zur Nr.1 geringer; Nr.2 liefert auch recht scharfe Bilder (auch hier Details in der Atmosphäre); allerdings in der Dämmerung beobachtet.
  • Saturn: Cassini auch hier umlaufend, durch stärkeres Seeing aber undeutlicher. Planet war insgesamt etwas "wärmer" als in Nr.1 (V=193)
  • e Lyrae: Natürlich auch mit Nr.2 locker getrennt (ab 56fach) , aber bei 193fach war schon ein Farbfehler zu erkennen - wieder oben rechts rötlich, unten links bläuliche Verfärbungen.
  • pi Aql: Getrennt auch diesen 1"4er. Aber schon nicht mehr ganz so lässig, wie in Nr.1. Bei 193fach war der DS dann länglich verzerrt und nur zeitweise als DS getrennt erkennbar. Dies war sicher auch dem Seeing geschuldet, aber man merkt doch den Unterschied zu Nr.1, der stets saubere Punktabbildungen liefert.
  • 16 Vul: auch den länglich bei 193/386facher V. Aber schon deutlich bunter (gerade bei 386)

    Nun ja - erstes Ergebnis: So schlecht war Nr.2 auch im Auslieferungszustand nicht. Auf jeden Fall deutlich besser als Nr.1 im Auslieferungszustand (von wegen schräg eingedengelte Objektivplasteschraube, die dann Koma erzeugte). Die Sternabbildung selbst war sogar ziemlich gut; allerdings - und nun kommt es - da war doch wieder ein deutlicherer Farbfehler. Im Vergleich zu Nr.1 mit der neuen Fassung klar mehr. Man sah eben am Stern auf ca 1 Uhr einen roten Bereich und gegenüber auf 7 Uhr den blauen. Ein Sternfreund meines Stammtisches erzählte mir (wir sprachen auch über meinen Bresser mit der neuen Fassung); so ein Farbfehler könnte der sogenannte "Keilfehler" sein - ich solle mal den Tubus komplett drehen. Wenn die Farbbereiche dann "mitwandern", ist es genannter Keilfehler. Und - genauso verhält es sich mit dem zweiten Bresser. Recht gute Abbildung aber eben der Keilfehler.Den kann man aber durch Drehen der Linsen zueinander angehen, bestenfalls beheben. So scheint es rein zufällig auch mit dem ersten 102er gelaufen zu sein, als der die neue Fassung bekommen hat und der vormalige vorhandene Farbfehler dann stark reduziert wurde (mit dem prima Ergebnis, welches er nun liefert). Naja, was will man von einer Plastikfassung auch schon erwarten?
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    Hier erkennt man die Farbfehlerproblematik recht gut: Venus: Links mit Nr.1 und rechts mit Nr.2 (mit auf dem Okular aufgelegtem Iphone geknipst/3.5er Okular)

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    Und dann bekam ich den dritten AR102-L ("Nr.3"). Direkt "von der Stange". Ohne jedwede Veränderungen, Bebastelungen - direkt aus dem Lager. Und der sollte dann auch - absolut "netto" getestet werden. Auch diesen testete ich an den bekannten in der letztenzeit schon mehrfach beobachteten Objekten, so daß ich hier recht gut vergleichen konnte. Bedingungen waren eigentlich "standardmäßig": also das übliche Stadtseeing, nicht aussergewöhnlich stark oder auch schwach; der klare aufgehellte Stadthimmel, der eben "nur" einie Planeten und ein paar DS anbot. Ohne nun auf jedes Objekt einzeln eingehen zu wollen: die Nr.3 schlug sich auch recht achtbar und absolut vergleichbar zur Nr.2. Auch dieser löste die DS bis runter zu 1"1 auf, zeigte aber am Planeten und auch Mond eben jene Falschfarbe, die ich mal als "Keilfehler" kennengelernt habe. Aber bis ca 200fache Vergrößerung ist das gut verkraftbar.

    Hier mal ein vielleicht kleines Beispiel, wie doch sehr anständig die Nr.3 abbildet: Okular 16mm (V=84fach); mit frei Hand "aufgelegtem" IPhone - Bilder bis auf die Ausschnittsvergrößerungen auf 100 % Bildgröße absolut unbearbeitet.


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    22.10.2018. Auch hier werde ich mal einen "formalen" Projektabschluss bringen. Das dies Projekt nun deutlich kürzer lief, ist natürlich dem Umstand zu verdanken, das nicht erst a) die entsprechenden Geräte organisiert und b) kein zusätzliches Teil (Fassung!) gebaut werden musste. Zudem scheint der erste Teil des Projektes einige Sternfreunde auf dieses Gerät aufmerksam gemacht zu haben - mit dem erfreulichen Resultat, dass sich diese dann auch beteiligten. Schön und ... danke Euch dafür! So muss das [;)] .

    Die Beobachtungen und Ergebnisse der beteiligten Sternfreunde (neben den meinen) kann man in Richtung einer allgemeingültigen Aussage (in diese Richtung bewegten sich alle Aussagen, es gab keine Negativ-Erfahrung mehr, die der von Micha aka wambo Anfang diesen Jahres untergekommen ist) zusammenfassen:

    So die chinesischen Produzenten die schon genannten Nachlässigkeiten (Objektiv verkehrt herum einbauen, lockerer OAZ etc.) unterlassen, den ansonsten schon brauchbaren Sucher entreflexen, sowie diesen Sucher mit einer zumindest steifen Hartplastik-Sucherhalterung (die nicht herumschwabbelt) ausstatten, erhält man schon im Auslierungszustand einen - in diesem Preissegment - preis-würdigen Vier-Zoll-Refraktor (mit einem erfreulich gut nutzbarem OAZ). Dieses Gerät kann bereits einen guten Teil des möglichen Potentials eines 4"-FH´s abrufen. Hierbei ist natürlich eine Serienstreuung immer im Hinterkopf zu behalten. Beobachtungen bis 150/250fach (je nach Vorliebe) sind gewinnbringend und machen Freude. Dies bei einem recht moderaten Farbfehler und einer recht hohen Kontrastleistung. Doppelsterne bis 1"2 Distanz werden problemlos getrennt, am Mond zeigen sich viele Details in gutem Kontrast. Saturn zeigt Cassini umlaufend, Wolkenbänder, den innersten Ring. Hierbei ist der tiefe Stand des Planeten zu berücksichtigen. Was zeigt der AR102-L wohl bei null Seeing und einem höheren Stand des Planeten? Jupiter bringt in den seeingmäßigen "lucky moments" leicht den kleiner gewordenen GRF und einzelne Strukturen in den Wolkenbändern sowie unterschiedlich groß erkennbare Mondscheibchen der 4 Monde. Etwas schwerer war der Mars, dem aber auch sein tiefer Stand verbunden mit der atmosphärischen Refraktion (in zusammenhang mit dem eh schon rötlichbraunen Planetenscheibchen) "zum Verhängnis wurde". Nun ist Mars mit seinen recht geringen schon vorhandenen Kontrasten bei den Einzelheiten auch ein recht schweres Objekt. Hier wären beim Herauskitzeln des restlichen - im Auslieferungszustand nicht realisiertem - Potentials sicher Gewinne zu erwarten (meine These!). Im DeepSky-Bereich begrenzen natürlich die 102mm öffnung die Resultate. Nichtsdestotrotz sind auch hier gerade an den bekannteren Objekten (M57, M13 etc. schon unter bescheideneren Bedingungen schöne Beobachtungen möglich. So war M 57 aus der Stadt heraus durchaus als Ring zu erkennen und M13 zeigte schon viele Einzelsterne. Unter dann besseren Bedingungen sind auch solche Objekte dann eine Freude, verbunden mit der hohen Kontrastleistung und somit Bildqualität des Refraktors.

    Noch anzumerken: Auch Äpfel werden kontrastreich und gut auflösbar in der Kamera und im visuellen Eindruck sehr realistätsgetreu wiedergegeben [;)]

    Es ist aber möglich, mit gewissen Verbesserungen (Fassung, Sucheroptimierung und auch Auskleben des hinteren okularseitigen Tubusteils mit DC-Fix) eine Optimierung hin Richtung maximal Mögliches zu erreichen. Ein Teil der Verbesserungen - die Fassung - ist natürlich nur mit etwas höherem Aufwand umzusetzen. Nicht jeder hat ja einen Sternfreund etc. mit Drehmaschine bei der Hand. Andere Teile der Verbesserungen sind mit recht gringem Aufwand zu realisieren: Natürlich die (Maden)Schrauben am OAZ prüfen und "handzahm" anziehen. Dann der Sucher: Objektiv und Okularpart abschrauben und mit schwarzer DC-Fix-Veloursfolie auskleben. Das bringt Kontrastgewinn. Oder tatsächlich versuchen, einen 8x50er Sucher gebraucht zu bekommen, zumindest aber die metallene Sucherhalterung (die vom 127/1200er). Mit lang genügenden Schrauben kann man hier auch den 6x30er Sucher verwenden und dann auf dem Gebrauchtmarkt oder Astromessen vielleicht einen alten 7x50er GSO oder ähnlichen Sucher für kleines Geld bekommen.
    Was an meinem AR102-L-Tubus dann auch noch förderlich war: die okularzugewandte Seite des Tubus (bis zur Blende ebenfalls mit DC-Fix Verloursfolie auskleben. Denn auch hier treten (Mond etc.) schon mal durch das fast schon glanzschwarz des Innentubus störende Reflexe auf. Der Aufwand ist: ca 6-7€ für eine Rolle DC-Fix und eine oder zwei gemütliche Stunden beim Auskleben.


    [u]Meine persönliche Zusammenfassung und mein Fazit:[/u]

    Sollte es möglich sein, mit den Produzenten eine Fassung analog zu der im 127/1200er (Metall/justierbar) für ggf. einen kleinen Aufpreis - am besten aber natürlich so - zu vereinbaren und die genannten Nachlässigkeiten und Schlampereien zu beseitigen, erhält man dann für einen wirklich fairen Preis ein Gerät mit einem sehr guten Gegenwert, dessen Preis-Leistungsrelation im 102mm-Refraktor-öffnungssegment schwer zu toppen sein dürfte. Hier werden es MarktbegleiterInnen und MitbewerberInnen dann schwer haben, mit einem vergleichbaren Preis/Leistungs am Markt zu bestehen, sollten sich deren Produkte weiter in bisweilen Faktor-2x-so-hoch-Preissegment +/- bewegen.

    Bei meinem AR102-L wurde die Fassung bekanntermaßen upgegradet. Das hat sich schon sichtbar (meines subjektiven Eindruckes nach) bemerkbar gemacht: Neben einer Reduktion des Farbfehlers war im Side-by-side-Vergleich zu einem "Standard" AR102-L auch eine Zunahme der Kontrastleistung sichtbar: ein gutes Beispiel war die Cassini-Teilung am tiefstehendem Saturn: War diese im "Standard"102er schon sichtbar, trat sie mit dem "upgegradeten" 102er deutlicher zum Vorschein und war durchgängig zu halten (bei brauchbarem Seeing). Auf Jupiters Atmosphäre waren mehr Details mit der upgegradteen Version zu entlocken. Interessant auch Doppelsterne: hier war pi Aql mit seinen 1"4 häufig besuchtes Objekt. Der Standard AR102-L löste den schon auf, aber unruhiger und unsauberer; im upgegradeten 102er waren die Sternpünktchen schon bei für 1"4 recht geringer Vergrößerung von 108fach (12.5er Ortho) schön getrennt zu sehen. Weiss man das dieser Stern ein Doppelter ist und kennt die Ausrichtung, war eine längliche Abbildung beider Komponenten schon im 25er Okualr (bei also lediglich 54facher Vergrößerung!) sichtbar. Bei 270fach zeigte der Letztere dann fast diese "lehrbuchmäßigen" Abbildungen und kommt meinem hervorragendem Vixen-FH 102/1300 schon sehr nahe. Mond zeigte in beiden fast das Gleiche, im Upgegradeten aber weniger Farbe. Deep-Sky: da waren dann keine Unterschiede zu bemerken.

    Es gibt also schon Unterschiede; wie sehr diese aber motivieren, entweder selbst tätig zu werden für eine justierbare Fassung bzw. versuchen, eine solche zu bekommen, ist jeder/m Sternfreund/ins eigene Entscheidung.
    Sollte ein oben erwähnter fabrikationsmäßiger Fassungsupgrade durch den Hersteller nicht möglich sein, wären weitere Schritte seitens der NutzerInnenschaft des AR102-L´s durchzugehen - so Interesse bestünde. Ist man mit der schon durchaus brauchbaren "Out-of-the-Box"-Leistung zufrieden und will einfach mit den erwähnten Einschränkungen leben und beobachten, kann man dies tun. Möchte man jedoch versuchen, das letzte Quentchen aus dem AR102-L herauszuholen bzw. dem näher kommen, wird man um die Installation einer justierbaren Fassung nicht herumkommen.


    Abschließend: Was könnte man noch machen? Um dem AR 102-L auch das letzte Quentchen optischen Potentials entlocken zu können, wäre sicher der Trennring zwischen den Objektivlinsen ins Visier zu nehmen. Ich kann mir vorstellen, das hier noch "etwas machbar" ist. Denn wenn man die kleinen Ungenauigkeiten/Mängel der chinesischen Produktion mal in Betracht zieht, kann ich mir gut vorstellen, das diese Ringe - na sagen wir mal - eher standardmäßig als hochpräzise (in Abhängigkeit von dem jeweiligen Objektvlinsen) gefertigt und verwendet werden.
    Vielleicht findet sich ja jemand, der/die über das entsprechende Meß-Know-How verfügt und die entsprechenden Apparaturen für eine Anspassung bzw. Fertigung dieses Ringes zu Verfügung hat.