Der April hält doch so einige Überraschungen für einen bereit
Galaxiengruppen im südlichen LEO
Ein Beobachtungsbericht vom 19.4.99, erschienen im Magellan Nr.4
Armin Quante, Eckernförde

Der April hält doch so einige Überraschungen für einen bereit,

so kam es, daß am 19.4.99 der Himmel über dem nördlichen Schleswig-Holstein während der Dämmerung völlig aufriss. Da die Wolkendecke tagsüber schon für eine gewisse „Dunkeladaption" gesorgt hatte, war Deep Sky angesagt....
Einziger Vermutstropfen war die zunehmende Mondsichel, die gegen noch 22 Uhr tief im Westen hing und wahnsinnig viel Licht verbreitete. Ich wählte zum aller-aller..letzten Mal als Standort den Nachbarlicht-geplagten Gartenhof hinnern Haus. Das Wetter im April ist mir halt einfach zu unzuverlässig um 20 Kilometer auf mein „Berg" zu fahren um eventuell im Regen zu stehen.
Ich nahm mir für diesen Abend die hellen Galaxien im südlichen LEO vor. Außerdem wollte ich wie einige Nächte zuvor nochmal Marakarians Galaxienkette abhoppen.

Das verwendete Teleskop war ein 150/1200mm Newton (TAL2M). Als erste Einstellung wählte ich NGC3623(M65) und NGC3627(M66). Ich stellte im Sucher den Bereich zwischen Theta- und Jota-LEO ein, genau in Mitte auf der Linie zwischen diesen beiden Sternen müssen die Galaxien sein. Im Teleskop war im 25mm Plössl (48x) nichts von den 9.3 bzw. 9.0 mag hellen Galaxien zu sehen. Ich verfuhr mehrmals zwischen Süden und Norden, nichts zu sehen. Nochmals mit dem Sucher geschwenkt, Theta- und Jota-LEO waren gerade noch beide im Sucherblickfeld, bemerkte ich nördlich von meinem angenomenen Theta-LEO einen weiteren sehr hellen Stern. Nach kurzem Rauf und Runter war mir klar daß ich versehentlich zwischen Jota- und Sigma-LEO geraten bin. Nachdem ich mich dann zwischen den beiden richtigen Sternen befand, sah ich M65 und M66 auch sogleich durchs Telesop. Die beiden waren sehr einfach zu erkennen und zeigten beide eine sehr helle Kerngegend. Die Scheibenform war nicht gerade zu sehen, aber zu „erahnen" (ich schätze ihr wißt was ich damit meine). Mit nur ein paar Zoll mehr Öffnung müßte da sogar was an Struktur durchkommen. Ich werde mir die beiden Galaxien nochmal bei ganz dunklen Himmel vornehmen.

Eine Zeitlang verinnerlichte ich mir den Anblick der beiden Galaxien, dann tat ich etwas, das ich immer strikt abgelehnt habe. Ich steckte meine LED-Leuchte in den Mund, holte mein Notizbuch aus der Tasche und fing an zu malen (zeichnen will ich das nicht nennen). Da ich überhaupt nicht auf Zeichnen eingerichtet war, hatte ich nur einen ziemlich stupfen Bleistiftstummel zur Hand. Ich kritzelte also die beiden Galaxien und die 4 - 5 Feldsterne ins Notizbuch. Ich kann nicht sagen, daß dies etwas in mir ausgelöst hat, jedenfalls war ich irgendwie froh darüber sowas mal „notiert" zu haben.

Nun sollte die 3er Gruppe M96,M95 und M105 in Visier genommen werden. Ich überlegte ein Weile wie ich das anstellen soll. In dieser Gegend erkannte ich keine wesenlichen Orientierungspunkte. Als „Sternenkarte" verwendete ich eine Kopie aus einem Weltallatlas, in dem nur die hellsten Obekte und Sterne verzeichnet sind.
Das Auge am Sucher, wurde nun der Tubus langsam nach Westen gedreht. Die 3er-Gruppe müßte ziemlich genau zwischen M65/66 und Regulus liegen. Ich fand sie nicht. Nun veränderte ich schrittweise die Deklinaton um ein halbes Grad und fuhr immer zwischen M65/66 und Regulus hin und her. Dabei blickte ich durchs Teleskop. Es war nichts zu machen. Die 3er Gruppe war nicht aufzufinden.
Vom Westen her war der Himmel allerdings immer noch von der gerade untergehenden Mondsichel aufgehellt. Alle drei Gruppenmitglieder waren jedoch unter 10 mag und damit sehr hell. Ich wartete eine Weile bis der Mond untergegangen war und vertrieb mir die Zeit mit M51, M81 und M82.
Nachdem der Mond endlich weg und auch der Himmel im Westen etwas dunkler war, stellte ich wieder M65 und M66 ein. Aber was war das? Etwa ein halbes Grad nördlich der beiden Galaxien war ein schwacher länglicher Nebel zu erkennen. Zuerst meinte ich jetzt durch Zufall die 3er Gruppe M105,M96,M95 entdeckt zu haben, ein Blick durch den Sucher bestätigte mir aber, daß das Teleskop genau auf M65 und M66 ausgerichtet war. Anhand der kleinen Skizze die zuvor angefertigt hatte konnte ich dies anhand der Feldsterne zusätzlich bestätigen. Ich vermerkte das neue Objekt ebenfalls in der Skizze.
Später konnte ich mit Skymap feststellen, daß es sich um NGC3628 handelte.
Der längliche Nebel war deutlich auszumachen und erstreckte sich exakt von West nach Ost. Ein Kern oder andere Strukturmerkmale waren nicht auszumachen.

Nun wiederholte ich die Suche nach der 3er Gruppe. Inzwischen hatte ich in meiner Zubehörkiste einige ältere wellige Skymap-Ausdrucke durchgekramt und tatsächlich eine gefunden, auf der LEO ein wenig detailierter dargestellt war - mehr Sterne.
Dadurch konnte ich den Sucher genau auf den Bereich einstellen wo sich die 3er Gruppe versteckte. Im Teleskop sah ich dann auch gleich alle drei auch einmal. Alle drei waren jedoch sehr klein und schlecht als Galaxien zu erkennen, der helle Kern von M95 und M96 erschien mir fast stellar. M105 war diffus und zeigte kaum Merkmale, ein Kern war nur zu erahnen.
Auch vergrößern auf 80x half da nicht weiter.

Ich hielt mich nicht lange in der 3er Gruppe auf sondern besuchte die Nachbargruppe, die inzwischen auch eine 3er Gruppe war, zum dritten Mal in dieser Nacht. M66 und M65 waren auch im 15mm Kellner (80x) ein großartiger Anblick. Die Scheibenform trat nun noch ein wenig deutlicher hervor. NGC3628 zeigte sich immer noch diffus.

Mit dem Ergebis einer spontanen Werktag-Nacht zufrieden, baute ich ab und lies noch eine Weile das leider viel zu seltene Schauspiel „clear sky" mit 0x auf mich wirken.
Ein wenig später betrachtete ich drinnen nachdenklich meine erste "Astrozeichnung"...