Wolfgang ist der Mann für alles in der Messwerkstatt. Selbst Auspacken
darf man den Spiegel nicht selbst, nur gucken und lauschen wenn Wolfgang
hin und wieder einen kleinen Kommentar zur Messung gibt. Das mit dem Auspacken
hat allerdings einen Grund, wenn man den Spiegel unbedacht berührt
wird er duch die Hände partiell erwärmt, alleine diese Erwärmung
beeinflusst die messung schon negativ, darum macht Wolfgang das selbst.
Während der Messung hat man sich in die andere Ecke des Raums zu verkrümmeln,
um die Luftunruhe nicht allzu ungünstig zu beeinflussen. Aus etwa
3-4 Meter Entfernung, erfürchtig neben einem Meade-Monster (armer
Klarinetto ;-)) stehend, konnten wir zusehen wie Wolfgang die Messeinrichtung
aufbaute und ausrichtete. Er verwendet dabei einen Kreuztisch der über
zwei Mikrometerschrauben zweidimensional verstellbar ist. Die dritte Dimension,
die grobe Höhe, wird durch verschiedene dicke Unterlegplatten, von
denen er massenhaft unter den Tisch liegen hat, eingerichtet. Die Höhenfeineinstellung
erfolgt über Stellschrauben.
Auf dem Kreuztisch ist eine Foucault-Testeinrichtung montiert, auf
der er verschiedene Messeinrichtungen installiert. Diese Einrichtung fand
ich sehr interessant und betrachtete sie genau, wenn Wolfgangs breiter
Rücken mal einen Blick erlaubte :-)
Zuerst wurde eine in einem Diarahmen gelagerte Messerschneide über der Lampe installiert. Wolfgangs erster Kommentar: "wieder mal eine sehr schöne Oberfläche, schön sphärisch" Aha, also doch. Ich meine jetzt mit dieser Vermessung kann der letzte Zweifel beerdigt werden, es gibt keine parabolisierden TAL2M.
Ich durfte mir das Bild mal an der Messerschneide betrachten, ich sah
eine gleichmässig ausgeleuchtete Oberfläche die allerdings sehr
unter Luftverwirbelung litt.
Wolfgang machte mehrere Aufnahmen mit einer Digitalkamera.
Dann wurde der Messerschneidenrahmen mit einem Rahmen mit Ronchi-Gitter mit 12 Linien pro Millimeter ausgetauscht. Der Spiegel zeigte im intra- und extrafokalen Bild parallele Linien, laut Wolfgang alles schön im Korrekturmittelpunkt. Auch von dieser Messung wurden Aufnahmen gemacht.
Jetzt baute Wolfgang die Messeinrchtung etwas um, diese Messeinrichtung kannte ich nicht, sie bestand aus einem kleinem Prisma und einem seitlich angeordneten Laser. Die Messeinrichtung gefiel mir immer besser, es handelte sich um ein ausgeklügeltes System. Wolfgang steckte dazu einfach einige Instrumente um. Klick Klack und schon sah die Einrichtung anders aus. Nun wurde ein Rahmen mit einer Blende (Ronchi?) hinter die Messeinrichtung gesteckt, ich meine es war noch eine Linse zwischen dem Prisma und dem Gitter.
Das
sich jetzt zeigende Bild, konnten wir auf dem Display der hinter der Messeinrichtung
aufgestellten Digitalkamera betrachten. Streifen über dem Spiegel.
Allerdings konnte Wolfgang den Abstand der Streifen mit einer Stellschraube
einstellen. Der maximal einstellbare Abstand zwischen den Streifen war
offensichtlich ein Kriterium, wie genau die Oberfläche ist. Dabei
dürfen sich die Linien nicht krümmen (Die Krümmungen an
linken unteren Rand der Aufnahme sind nicht real, sonderen stammen von
Luftverwirbelungen). Wolfgang erklärte uns, dass er jetzt schon sagen
kann das es sich um einen sehr guten Spiegel handelt. Bei den meisten anderen
Spiegel, vor allen den größeren Spiegeln wäre ein solcher
Abstand zwischen den Streifen nicht möglich. "Ein Glück" denke
ich, "meine Garantie ist schon 4 Jahre abgelaufen" :-)
Die Aufnahmen von dieser Messung (Bath-Interferometer) sollten anschliessend
am Computer ausgewertet werden, dabei wird dann ein sogenanntes Interferogramm
erstellt.
Zu
Abschluss der Messung stellte Wolfgang den Fokus des Interferometers anders
ein, dabei entstanden Newton-Ringe. So wird die Rotationssymetrie gemessen
und es lässt sich feststellen ob der Spiegel mit Astigmatismus behaftet
ist. Er konnte hier allerdings keine Spur von Astigmatismus feststellen.
Von allen Messungen wurden zahlreiche Aufnahmen gemacht, da die Luftunruhe
zwischen Messeinrichtung und Spiegel nicht immer für eine zuverlässige
Messvorlage sorgte. Nachdem eine Glühbirne über dem Messtisch
ausgedreht und der Spiegel mit Styroporplatten eingehüllt wurde, war
es etwas besser.
Jetzt
ging es hoch in Wolfgangs Arbeitszimmer. Die Bilder wurden auf seinem PC
gespeichert und protokolliert. Die Diskette der Digitalkamera durfte ich
dann einstecken. Wolfgang wählte die besten Aufnahmen aus, und markierte
auf einer davon einige der Streifen mit Punkt-Strich Linien. Dirk und ich
guckten uns an, wussen nicht so recht was er dort tat und versuchten so
schlau wie möglich auszuschauen. Das es sich so um eine "halbautomatische"
Messung handele, haben wir einigermassen verstanden. Das Ergebniss war
ein Prüfprotokoll mit Aufnahmen und Kommentaren zu jeder Messung.
Anschliessend wurde der der Spiegel in der Werkstatt wieder für
die lange Reise nach Hause verpackt, diesesmal durfte ich sogar mit anpacken.
Den Spiegel habe ich übrigens in der Spiegelhalterung transportiert,
mit speziell angefertigten Pappschablonen saß er so sicher in der
Mitte eines kleinen Kartons und überstand auch überfüllte
ICEs klaglos. Wolfgangs Werk war getan, nach Wertausgleich, einer kleinen
Unterhaltung, dem Sichten verschiedener anderer Messergebnissen und Fachsimpeln
über das eine oder andere Instrument verabiedeten wir uns dann von
Wolfgang.
Hier die Messergebnisse des TAL2M-Spiegels mit der Nummer 1995 #0330
Oberfächengenauigkeit (Lambda = 640nm!):
PV: 0,17 - das sind knapp Lambda/6 bezogen auf die Wellenfront
RMS: 0,026 - entspricht etwa Lambda/38 bezogen auf die Wellenfront
Strehl: 0,97
Als beugungsbegrenzt gelten RMS: Lambda/14 und Strehl 0,8. Der TAL2M Spiegel erfüllt diese Anforderungen.
Der Ring auf der Mitte der Spiegelaufnahme, ist eine Mittenmarkierung, die ich mittels eines sogenannten "Lochringverstärker" (Büroartikel) anbrachte. Wolfgang überprüfte die richtige Anordnung dieser Markierung vor dem Test mit einer genial einfachen Vorrichtung - mit einem Drehteller.
Etwas unglücklich bin ich darüber, dass Wolfgang noch einen
He-Ne-Laser mit Lambda 640nm Wellenlänge verwendet. Das Messergebniss
ist so nicht direkt mit Quecksilberlichtmessungen mit der üblichen
Wellenlänge von 560nm vergleichbar. Diese Messung wäre strenger,
da die Wellenlänge kleiner ist. Wolfgang erwähnte allerdings
letztesmal Dirk gegenüber, dass er sich eine Lampe mit 560nm besorgen
möchte.
Aber letztendlich haben die Messung ergeben, dass es sich um einen
gut polierten sphärischen Spiegel handelt, der keine Zonen, erhabene
oder abfallende Kanten hat. Da Wolfgang inzwischen sehr viele Optiken so
vermessen hat, sind seine Messungen, auch mit 640 nm durchaus repräsentant.
Messergebnisse über viele Jahre archiviert lassen bei einer Beurteilung
des Spiegels durch Wolfgang keinen Zweifel aufkommen, auch weil Wolfgang
wie wir Amateurastromon ist, und nicht durch wirtschafliche Interessen
seinerseits bei der Beurteilung beeinflusst werden kann.
Die Oberflächengeauigkeit der TAL-Spiegel ist für Serienspiegel
hervorragend. Umso beeindruckender ist, dass die nun sieben TAL2M-Spiegel,
die Wolfgang mittlerweile vermessen hat, alle nahezu gleichwertig sind.
Spiegel, gefertigt zwischen 1995 und 2000! Sicher ist keiner vor Ausrutschern
sicher, es zeigt jedoch, dass Novosibirsk hohen Wert auf enge Fertigungstoleranzen
seiner TAL2M Spiegel legt. Wolfgang meint allerdings, es wäre nicht
so schwer gute sphärische Spiegel herzustellen, die Schwierigkeiten
fangen beim Parabolisieren und vor allen bei größeren Spiegeln
an. Das es sich um nicht parabolisierte Spiegel handelt, ist bei dem Öffnungsverhältniss
von f 8 eher unkritisch, da es sich um gute beugungsbegrenzte Optiken handelt,
und die fehlende Parabolisierung im praktischen Einsatz gar nicht feststellbar
ist.
Die Vermessung hatte noch eine kleine Nachlese. Zum Fachsimpeln und Kennenlernen trafen Dirk Schmidt, Achim Strnad und ich uns einen Abend später in einer Erlanger Gaststätte. Auch Achims Spiegel wurde von Wolfgang vermessen (er berichtete im TAL-Forum und in Forum von w³.astronomie.de darüber). Achims Spiegel ist der beste, gefolgt von Dirks beiden Spiegeln. Mein Spiegel bildet das Schlusslicht dieser vier Spiegel. Jedoch kein Grund unglücklich zu sein. Alle Spiegel haben eine glatte homogene Oberfläche und liegen mit ihren Werten "sehr" dicht zusammen.
Zum Abschluss dieses Test danke ich Wolfgang Rohr für die sorgfältige
Vermessung meines Spiegels, und natürlich TALianer Dirk Schmidt der
mich so selbstlos zu Wolfgang und wieder zurück beförderte.