Prüfung eines TAL2M-Spiegels durch Wolfgang Rohr
Armin Quante, Eckernförde, März 2001

Am 7.März 2001 wurde mein TAL2M Spiegel Baujahr 1995 durch Wolfgang Rohr getestet. Hauptsächlich wollte ich wissen, ob dieser Spiegel eventuell noch parabolisiert wurde. Alle vorausgegangenen Messung jüngerer TAL-Spiegel erbrachten als Ergebnis sphärische Spiegel.  Die Genauigkeit des Spiegels war eher ein Nebeninteresse, da ich jetzt 5 Jahre mit dem guten Teil beobachte und in keiner Weise Zweifel an der Qualität des Spiegels habe. Auch die Neugierde auf Wolfgangs Messeinrichtung  und die Anwendung dieser war ein Grund.
Dank Dirk Schmidt aus Langenseddelbach, der mich freundlicherweise vom meinem Erlanger Hotel (in dem ich aus beruflichen Gründen wohnte), abholte und mich mit dem Spiegel in fast einer Stunde zügiger Autobahnfahrt zu Wolfgang Rohr brachte, konnte der Spiegel also vermessen werden. Dirk hatte wenige Wochen zuvor zwei TAL2M Spiegel von Wolfgang vermessen lassen, war allerdings nicht dabei anwesend und wollte Wolfgang bei dieser Gelegenheit auch gleich mal über die Schulter schauen - was allerdings gar nicht erlaubt war :-)

Wolfgang ist der Mann für alles in der Messwerkstatt. Selbst Auspacken darf man den Spiegel nicht selbst, nur gucken und lauschen wenn Wolfgang hin und wieder einen kleinen Kommentar zur Messung gibt. Das mit dem Auspacken hat allerdings einen Grund, wenn man den Spiegel unbedacht berührt wird er duch die Hände partiell erwärmt, alleine diese Erwärmung beeinflusst die messung schon negativ, darum macht Wolfgang das selbst. Während der Messung hat man sich in die andere Ecke des Raums zu verkrümmeln, um die Luftunruhe nicht allzu ungünstig zu beeinflussen. Aus etwa 3-4 Meter Entfernung, erfürchtig neben einem Meade-Monster (armer Klarinetto ;-)) stehend, konnten wir zusehen wie Wolfgang die Messeinrichtung aufbaute und ausrichtete. Er verwendet dabei einen Kreuztisch der über zwei Mikrometerschrauben zweidimensional verstellbar ist. Die dritte Dimension, die grobe Höhe, wird durch verschiedene dicke Unterlegplatten, von denen er massenhaft unter den Tisch liegen hat, eingerichtet. Die Höhenfeineinstellung erfolgt über Stellschrauben.
Auf dem Kreuztisch ist eine Foucault-Testeinrichtung montiert, auf der er verschiedene Messeinrichtungen installiert. Diese Einrichtung fand ich sehr interessant und betrachtete sie genau, wenn Wolfgangs breiter Rücken mal einen Blick erlaubte :-)

Zuerst wurde eine in einem Diarahmen gelagerte Messerschneide über der Lampe installiert. Wolfgangs erster Kommentar: "wieder mal eine sehr schöne Oberfläche, schön sphärisch"  Aha, also doch. Ich meine jetzt mit dieser Vermessung kann der letzte Zweifel beerdigt werden, es gibt keine parabolisierden TAL2M.

Ich durfte mir das Bild mal an der Messerschneide betrachten, ich sah eine gleichmässig ausgeleuchtete Oberfläche die allerdings sehr unter Luftverwirbelung litt.
Wolfgang machte mehrere Aufnahmen mit einer Digitalkamera.
 
 
 

Dann wurde der Messerschneidenrahmen mit einem Rahmen mit Ronchi-Gitter mit 12 Linien pro Millimeter ausgetauscht. Der Spiegel zeigte im intra- und extrafokalen Bild parallele Linien,  laut Wolfgang alles schön im Korrekturmittelpunkt. Auch von dieser Messung wurden Aufnahmen gemacht.

Jetzt baute Wolfgang die Messeinrchtung etwas um, diese Messeinrichtung kannte ich nicht, sie bestand aus einem kleinem Prisma und einem seitlich angeordneten Laser. Die Messeinrichtung gefiel mir immer besser, es handelte sich um ein ausgeklügeltes System. Wolfgang steckte dazu einfach einige Instrumente um. Klick Klack und schon sah die Einrichtung anders aus. Nun wurde ein Rahmen mit einer Blende (Ronchi?) hinter die Messeinrichtung gesteckt, ich meine es war noch eine Linse zwischen dem Prisma und dem Gitter.

Das sich jetzt zeigende Bild, konnten wir auf dem Display der hinter der Messeinrichtung aufgestellten Digitalkamera betrachten. Streifen über dem Spiegel. Allerdings konnte Wolfgang den Abstand der Streifen mit einer Stellschraube einstellen. Der maximal einstellbare Abstand zwischen den Streifen war offensichtlich ein Kriterium, wie genau die Oberfläche ist. Dabei dürfen sich die Linien nicht krümmen (Die Krümmungen an linken unteren Rand der Aufnahme sind nicht real, sonderen stammen von Luftverwirbelungen). Wolfgang erklärte uns, dass er jetzt schon sagen kann das es sich um einen sehr guten Spiegel handelt. Bei den meisten anderen Spiegel, vor allen den größeren Spiegeln wäre ein solcher Abstand zwischen den Streifen nicht möglich. "Ein Glück" denke ich, "meine Garantie ist schon 4 Jahre abgelaufen" :-)
Die Aufnahmen von dieser Messung (Bath-Interferometer) sollten anschliessend am Computer ausgewertet werden, dabei wird dann ein sogenanntes Interferogramm erstellt.

Zu Abschluss der Messung stellte Wolfgang den Fokus des Interferometers anders ein, dabei entstanden Newton-Ringe. So wird die Rotationssymetrie gemessen und es lässt sich feststellen ob der Spiegel mit Astigmatismus behaftet ist. Er konnte hier allerdings keine Spur von Astigmatismus feststellen. Von allen Messungen wurden zahlreiche Aufnahmen gemacht, da die Luftunruhe zwischen Messeinrichtung und Spiegel nicht immer für eine zuverlässige Messvorlage sorgte. Nachdem eine Glühbirne über dem Messtisch ausgedreht und der Spiegel mit Styroporplatten eingehüllt wurde, war es etwas besser.
 
 
 
 

Jetzt ging es hoch in Wolfgangs Arbeitszimmer. Die Bilder wurden auf seinem PC gespeichert und protokolliert. Die Diskette der Digitalkamera durfte ich dann einstecken. Wolfgang wählte die besten Aufnahmen aus, und markierte auf einer davon einige der Streifen mit Punkt-Strich Linien. Dirk und ich guckten uns an, wussen nicht so recht was er dort tat und versuchten so schlau wie möglich auszuschauen. Das es sich so um eine "halbautomatische" Messung handele, haben wir einigermassen verstanden. Das Ergebniss war ein Prüfprotokoll mit Aufnahmen und Kommentaren zu jeder Messung.
Anschliessend wurde der der Spiegel in der Werkstatt wieder für die lange Reise nach Hause verpackt, diesesmal durfte ich sogar mit anpacken. Den Spiegel habe ich übrigens in der Spiegelhalterung transportiert, mit speziell angefertigten Pappschablonen saß er so sicher in der Mitte eines kleinen Kartons und überstand auch überfüllte ICEs klaglos. Wolfgangs Werk war getan, nach Wertausgleich, einer kleinen Unterhaltung, dem Sichten verschiedener anderer Messergebnissen und Fachsimpeln über das eine oder andere Instrument verabiedeten wir uns dann von Wolfgang.

Hier die Messergebnisse des TAL2M-Spiegels mit der Nummer 1995 #0330

Oberfächengenauigkeit (Lambda = 640nm!):
PV: 0,17 - das sind knapp Lambda/6  bezogen auf die Wellenfront
RMS: 0,026 - entspricht etwa Lambda/38  bezogen auf die Wellenfront
Strehl: 0,97

Als beugungsbegrenzt gelten RMS: Lambda/14 und Strehl 0,8. Der TAL2M Spiegel erfüllt diese Anforderungen.

Der Ring auf der Mitte der Spiegelaufnahme, ist eine Mittenmarkierung, die ich mittels eines sogenannten "Lochringverstärker" (Büroartikel) anbrachte. Wolfgang überprüfte die richtige Anordnung dieser Markierung vor dem Test mit einer genial einfachen Vorrichtung - mit einem Drehteller.

Etwas unglücklich bin ich darüber, dass Wolfgang noch einen He-Ne-Laser mit Lambda 640nm Wellenlänge verwendet. Das Messergebniss ist so nicht direkt mit Quecksilberlichtmessungen mit der üblichen Wellenlänge von 560nm vergleichbar. Diese Messung wäre strenger, da die Wellenlänge kleiner ist. Wolfgang erwähnte allerdings letztesmal Dirk gegenüber, dass er sich eine Lampe mit 560nm besorgen möchte.
Aber letztendlich haben die Messung ergeben, dass es sich um einen gut polierten sphärischen Spiegel handelt, der keine Zonen, erhabene oder abfallende Kanten hat. Da Wolfgang inzwischen sehr viele Optiken so vermessen hat, sind seine Messungen, auch mit 640 nm durchaus repräsentant. Messergebnisse über viele Jahre archiviert lassen bei einer Beurteilung des Spiegels durch Wolfgang keinen Zweifel aufkommen, auch weil Wolfgang wie wir Amateurastromon ist, und nicht durch wirtschafliche Interessen seinerseits bei der Beurteilung beeinflusst werden kann.
Die Oberflächengeauigkeit der TAL-Spiegel ist für Serienspiegel hervorragend. Umso beeindruckender ist, dass die nun sieben TAL2M-Spiegel, die Wolfgang mittlerweile vermessen hat, alle nahezu gleichwertig sind. Spiegel, gefertigt zwischen 1995 und 2000! Sicher ist keiner vor Ausrutschern sicher, es zeigt jedoch, dass Novosibirsk hohen Wert auf enge Fertigungstoleranzen seiner TAL2M Spiegel legt. Wolfgang meint allerdings, es wäre nicht so schwer gute sphärische Spiegel herzustellen, die Schwierigkeiten fangen beim Parabolisieren und vor allen bei größeren Spiegeln an. Das es sich um nicht parabolisierte Spiegel handelt, ist bei dem Öffnungsverhältniss von f 8 eher unkritisch, da es sich um gute beugungsbegrenzte Optiken handelt, und die fehlende Parabolisierung im praktischen Einsatz gar nicht feststellbar ist.

Die Vermessung hatte noch eine kleine Nachlese. Zum Fachsimpeln und Kennenlernen trafen Dirk Schmidt, Achim Strnad und ich uns einen Abend später in einer Erlanger Gaststätte. Auch Achims Spiegel wurde von Wolfgang vermessen (er berichtete im TAL-Forum und in Forum von w³.astronomie.de darüber). Achims Spiegel ist der beste, gefolgt von Dirks beiden Spiegeln. Mein Spiegel bildet das Schlusslicht dieser vier Spiegel. Jedoch kein Grund unglücklich zu sein. Alle Spiegel haben eine glatte homogene Oberfläche und liegen mit ihren Werten "sehr" dicht zusammen.

Zum Abschluss dieses Test danke ich Wolfgang Rohr für die sorgfältige Vermessung meines Spiegels, und natürlich TALianer Dirk Schmidt der mich so selbstlos zu Wolfgang und wieder zurück beförderte.