Verwendung der Teilkreise
(c) Armin Quante, Eckernförde, Februar 2000

Das TAL hat Teilkreise für beide Achsen. So mancher wird sich daran schon mal versucht haben und hat festgestellt, daß hierfür ein paar Informationen mehr nötig sind, als mal eben Rektaszension und Deklination aus einem Sternenatlas entnehmen und am Teleskop einstellen. Die astronomische Szenerie bewegt sich fortlaufend über einen hinweg. Wo dran soll man sich den orientieren? Die astronomische Lektüre ist voller Information, Begriffe wie Sternzeit, Rektaszension, Deklination oder Stundenwinkel sind oft sehr gut und ausgiebig erklärt. Ich selbst hatte anfangs allerdings Probleme diese Begriffe unter einen Hut zu bringen und praktisch am Teleskop umzusetzen. Die Informationen, die ich bisher zu diesem Thema gefunden habe, haben mich alle immer nur einen kleinen Schritt weitergebracht, oder waren im Ganzen (für mich) so unverständlich verfasst, daß ich nun mal versuche die Verwendung der Teilkreise Schritt für Schritt am Beispiel den TAL2M zu erklären, und zwar in einer Sprache, in der es Anfänger verstehen sollten. Vielleicht so eine Art "Teilkreise für Dummies". Leute die das alles schon kennen, werden diese Zeilen ja ohnehin nicht (weiter-)lesen.
 

Begriffsdefinition, ganz banal!

Sternzeit:

Wieviel Uhr haben wir, wenn die Sonne genau im Süden steht? Genau! 12:00 Uhr. Überall? Nein, nur an dem Längengrad über dem die Sonne genau im Meridian steht. Die Sonnenzeit ist also ortsgebunden, eine Ortszeit also!

Vergessen wir doch mal die Sonne, wir tun so als gäbe es sie nicht. An was sollen wir den nun unsere Zeit nun messen?
Am Himmel, besser gesagt am Sternenhimmel, wir messen nach Sternzeit. Diese Sternzeit gibt es wirklich, sie läuft nicht synchron zu Sonnenzeit sondern geht jeden Sonnentag, also 24 Stunden, um 4 Minuten nach. Ein Sternentag hat also 23 Stunden und 56 Minuten. Genauso wie bei der Ortssonnenzeit gibt es die Ortssternzeit. Diese Ortssternzeit ist nun eine der Variablen, die wir für die Verwendung der Teilkreise benötigen.

Wie ermittelt man die Sternzeit?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Die eleganteste ist, man kauft sich eine Sternzeituhr. Aber auch die muß einmal gestellt werden. Man kann man die Sternzeit aus Tabellen von astronomischen Jahrbüchern entnehmen, bespielsweise aus dem "Kosmos Himmelsjahr". Dort wird für jeden Tag für 20 Uhr MEZ die Sternzeit für Orte angegeben die sich auf dem 10. Längengrad befinden. Wohnt man nun östlich oder westlich dieses Längengrades, so müßen pro Grad Abweichung nach Osten 4 Minuten abgezogen werden, bzw. nach Westen, 4 Minuten addiert werden. Außerdem muß z.B. wenn um 21:30 MEZ beobachtet wird, zu der 20 Uhr Angabe 1h 30m addiert werden. In 6 Stunden müßte man, wenn man es ganz genau hält, wieder 1 Minute abziehen, da die Sternenzeit ja in 24 Stunden um 4 Minuten nachgeht. Aber in einem Beobachtungszeitraum bis 6 Stunden ist das eben nur eine Minute, und die können wir getrost vernachlässigen. Der Stundenwinkel des TAL2M hat keinen Nonius und auf die halbe Minute genau kann man die Reaktaszensionsachse beim besten Willen nicht einstellen.Mit einem geübten Auge sollte eine Genauigkeit von einer Minute einzustellen sein.
Man kann sich auch eine feste Peileinrichtung im Garten montieren, die genau nach Süden ausgerichtet ist, beim Durchgang bestimmter Gestirne kann man so auch seine Sternzeituhr stellen.
Mein Vorschlag zur praktischen Beobachtung: Man besorgt sich einen kleinen Quartz-Reisewecker (keine Funkuhr!) und ermittelt zu Beginn der Beobachtung mittels Jahrbuch die Ortssternzeit für seinen Standort. Nun wird der Wecker auf diese Ortssternzeit gestellt und die Beobachtung kann losgehen.

Zusatz von Detlef: Alternativ kann man auch dieses kleine Applet verwenden, dass auch als Java-Anwendung betrieben werden kann. Es liefert einem direkt den auf dem Teilkreis einzustellenden Wert. Um es zu verstehen, sollte man allerdings einmal den von Armin beschriebenen Weg gehen.

Rektaszension

Der Sternenhimmel der sich über uns hinwegdreht ist so etwas wie ein riesiges Ziffernblatt einer Uhr, der Sternzeituhr. Dieses Ziffernblatt ist in 24 Sternzeitstunden (siderische Stunden) aufgeteilt. 0 Uhr ist genau zwischen den Sternzeichen Fische und Widder. Das heißt, wenn der Anfang des Sternzeichen Widder über die Mittagslinie im Süden tritt (kulminiert) ist es 0 Uhr Sternzeit. Für jeden Fixstern gibt es eine zugeortnete Sternzeit, diese Aufteilung des Sternenhimmels nennt man Rektaszension. In Sternenatlanten wird diese Koordinate (Rekt. oder  RA) mit der Einheit "Stunde, Minute, Sekunde" angegeben. Für unsere Verhältnisse reichen hier die Stunden und Minuten.
 

Deklination

Der Sternenhimmel hat nicht nur ein West und Ost, sondern auch Nord und Süd. Wie auch die Breite unserer Erdkugel in Gradzahlen unterteilt ist, so ist die "Breite" des Sternenhimmels ebenfalls in Gradzahlen unterteilt , die sogenannte Deklination.
Die Deklination eines Sterns ist die Winkeldifferenz in nördlicher (+) oder südlicher (-) Richtung zum Himmelsäquator.
In Sternenatlanten wird diese Koordinate (Dekl. oder Dec) mit der Einheit "Grad, Sekunden" angegeben.
 

Stundenwinkel

Die Erde ist eine Scheibe! Tun wir mal für eine Minute so. Die Erde ist dann ein Ziffernblatt, das in 24 Stundenwinkel aufgeteilt ist. 0 Uhr ist dann genau Süden, und 12Uhr ist genau Norden. Ok, jetzt ist die Erde wieder eine Kugel und wird schauen uns mal das TAL genauer an. BOOAA, da ist ja auch so ein Ziffernblatt dran, die Skala der Rektaszensionsachse - der Stundenwinkel! Diese Skala zeigt natürlich nicht immer automatisch mit 0 Uhr nach Süden, das müssen wir vor der Beobachtung einstellen. Wie das geht wird weiter unten beschrieben.
 

Fixsterne und wandelnde Sterne

Solange die Koordinaten von Fixsternen und Deep Sky Objekten aus Sternenkarten zu entnehmen sind, ist soweit alles klar. Was aber ist mit Himmelsobjekten, die keine Fixsterne sind, Planeten zum Beispiel. Die zeitlich bezogenen Koordinaten bzw. die Ephemeriden von Planeten und Kleinplaneten sind astronomischen Jahrbüchern zu entnehmen, es gibt auch eine ganze Menge Computerprogramme die sowas ausspucken. Ephemeriden von Kometen sind seltener in Jahrbüchern zu finden, man erhält diese Daten mehr aus monatlichen Zeitschriften oder Rundbriefen. Ephemeriden bekannter Kometen werden meistens auch von Computerprogrammen berechnet.
(Bitte mich nicht fragen, es wird massenhaft Software in allen Astromedien angeboten).
Die angegebenen Koordinaten von z.B. Planeten sind also immer nur für einen gewissen Tag/Zeitpunkt gültig. Im Kosmos Himmelsjahr werden Ephemeriden von Planeten mit kleiner Bewegung z.T im 5 oder 15 Tagesabständen angegeben. Es reicht bei den Tagen dazwischen, wenn man über den Daumen interpoliert.
 


Beispiel 1, wandelnde Sterne - Planeten   (dieses Beispiel ist Olaf gewidmet ;-))

Wir wollen am 22.1.2000 um 21 Uhr MEZ auf 9,27° östlicher Länge Jupiter einstellen und später per
Teilkreise Saturn einstellen.

Ephemeriden und Ortsternzeit entnehmen wir in diesem Beispiel aus dem Himmeljahr 2000.

Jupiter: Rek = 1h 44m / Dec +9,3°

Saturn: Rek = 2h 36m / Dec +12,7°

Ortsternzeit am 22.1.2000 um 20Uhr MEZ auf 10° östlicher Länge = 3h 46m.
Das ist dann um 21UhrMEZ = (+1h) 4h 46m (Perfektionisten bitte mal kurz abhusten).

Jetzt muß man nur noch seinen Längengrad wissen, dann kann man die Ortsternszeit bestimmen.
Den Längengrad kann man mit einer Landkarte ermitteln, notfalls einfach den Bürgermeister fragen,
der muß sowas wissen ;-)

Für das Beispiel befinden wir uns auf 9,27° östlicher Länge und müssen somit ca. 3 Minuten zur "Himmelsjahr"-Sternzeit dazu addieren (4 Minuten pro Längengrad)

Also haben wir am 22.1.2000 um 21Uhr MEZ auf 9,27° östlicher Länge eine Ortsternzeit von 4h 49m.

Den Stundenwinkel berechnet man, indem man die Rektaszension des Objekts von der
Ortssternzeit abzieht.

4h 49m(Ortsternzeit) - 1h 44m(Rektaszension, Jupiter)  = 3h 05m(aktueller Stundenwinkel für Jupiter)

Nun stellen wir um 21 Uhr den Jupiter, am besten mit dem 15mm Kellner und dem Fadenkreuz,
genau in die Mitte des Gesichtfeldes und stellen die Skala des Stundenwinkel auf 3h 05.

Zum Einstellen der Skala wird der große gerändelte Ring etwas gelöst, dann kann die Skala verdreht werden. Nach dem Einstellen, wird der Ring wieder leicht angezogen, dabei sollte man die Skala mit der anderen Hand festhalten, da sie sonst mitdreht.

Die Skala der Deklination stellen wir auf 9,3°. Dazu wird einfach die Rändelschraube des Zeigers etwas gelöst und nach Ausrichten wieder angezogen.

Nun sind die Skalen "geeicht". Die größte Genauigkeit erhalten wir, wenn die
Montierung zuvor exakt ausgerichtet -> z.B. gescheinert wurde.
 

So, jetzt ist es 21:30 Uhr MEZ und wir wollen Saturn über die Teilkreise einstellen:

Die Ortsstundenzeit wäre jetzt: 4h 49m + 30m somit also 5h 19m. (hüstel)

5h 19m(Ortsternzeit)  - 2h 36m(Rektaszension, Saturn) = 2h 43m(aktueller Stundenwinkel für Saturn)

Das TAL wird nun über die Rektaszensionsachse nach Osten geschwenkt, bis der Zeiger
auf den Stundenwinkel von 2h 43m zeigt (die Skala bleibt fest eingestellt).
 
 
 
 

Dann schwenken wir das TAL über die Deklinationsachse nach Norden, bis der Zeiger auf einen Winkel von 12,7° zeigt (der Zeiger selbst bleibt fest).
 
 
 
 

Der RA-Motor sollte dabei stetz eingeschaltet bleiben, auch sollte man sich nach der Berechnung des Stundenwinkels für ein neues Objekt mit der Neuausrichtung nicht zuviel Zeit lassen - sonst isses weg ;-).
Am besten verwenden wir das 25mm Plössl, es hat mit 1,17° ein fast genauso großes Gesichtsfeld wie das 42mm Ramsden mit 1,2°.
 



 
Beispiel 2, Fixsterne -Deep Sky Objekte

Wir haben den 25.2.2000 und du hast dein Teleskop aufgebaut und wollen ein paar schwache Deep Sky Objekte mittels Teilkreisen einstellen. Es ist jetzt 21:10 Uhr und wir befinden und auf 9,75° östlicher Länge. Das TAL ist so gut es geht auf den Nordpol ausgerichtet und gescheinert haben wir auch schon ein bischen. Jetzt wollen wir erst mal die Teilkreise justieren.

Ortsternzeit feststellen. Dem Himmelsjahr entnehmen wir für den 25.2.2000, 20Uhr MEZ, 10° ö.L. die Sternzeit 6h 00m.
Wir haben also jetzt 21:10 Uhr MEZ, das macht dann 6h 00m + 1h 10m = 7h 10m.
Wir befinden uns 0,25° östlich des 10. Längengrades, also nochmal eine Minute dazu = 7h 11m Ortsternzeit.

Wir stellen nun schnell den kleinen Quarzwecker auf  7:11 Uhr, denn wir wollen die Sternzeit ja nicht ständig neu berechnen.

Jetzt suchen wir einen bekannten Fixstern. Im Süden steht Orion, in diesem Sternbild gibt es einen Stern, dessen Deklination fast genau auf dem Himmelsäquator liegt - Delta Ori oder auch "Mintaka", der westliche der drei Gürtelsterne.
Einem Sternenatlas (z.B. dem Karkoschka) entnehmen wir die genauen Himmelkoordinaten:
Rektaszension:     5h 32m
Deklination:         -0,3°

Jetzt schalten wir den Nachführmotor ein, und stellen Mintaka mit Hilfe des Fadenkreuz mittig im Gesichtsfeld des Teleskopes ein. Den aktuellen Stundenwinkel ermitteln wir so:  Unsere Sternzeituhr zeigt jetzt 7:17 Uhr an. Von dieser Zeit ziehen wir die Rektaszension von Mintaka ab: 7h 17m - 5h 32m = 1h 45m.
Kurzer Kontrolblick durch Okular um nochmal zu überprüfen, ob Mintaka noch im Zentrum des Fadenkreuzes steht, dann stellen wir die Skala des Stundenwinkels auf 1h 45m ein. Der Zeiger der Deklination wird auf 0° gestellt. Ganz Ehrgeizige versuchen jetzt die -0,3° zu packen ;-) Jetzt sind die Teilkreise justiert, die Sternzeituhr tickt munter vor sich hin, und wenn der Himmel inzwischen nicht zugezogen ist, kann es losgehen.

Wir wollen NGC2392, den Eskimonebel sehen. Karkoscha Karte E7 aufschlagen und wir entnehmen dem guten Buch folgende Daten: Rektaszenzion 7h 29m und Deklination  +20,91° (~21°).

Unsere Sternzeituhr zeigt jetzt  7:13 Uhr an.

Wir berechnen den aktuellen Stundenwinkel für den Eskimonebel: 7h 13m - 7h29m = ..... Nanu? das wird ja negativ!
Nein, es gibt keine negative Zeit, wir müßen über die 24Uhr Marke gehen, dann ergibt 7h 13m - 7h29m = 23h 44m.

Jetzt drehen wir die Rektaszensionsachse so weit nach Westen, bis der Zeiger auf dem Stundenwinkel 23h 44m anzeigt. Wir lösen die Klemmschraube der Deklinationsachse und kippen den Tubus nach Norden, bis der Zeiger etwa 20° Deklination anzeigt, dann ziehen wir die Klemmschraube wieder an. Mit der Feineinstellschraube stellen wir nun 20,91° also knapp 21° ein.
Im 25er Plössl müßte der Eskimonebel jetzt als diffuses Scheibchen zu sehen sein. Das Fadenkreuz haben wir vorher schon entfernt, wir stellen den Nebel möglichst mittig ins Gesichtfeld, und setzten z.B. das 15mm Kellner rein oder versuchen uns mal mit dem 25erPlössl und der Barlowlinse.

Jetzt suchen wir uns das nächste Objekt aus dem Karkoscha und verfahren wie zuvor.........



Anmerkung: Ich hoffe, daß ich das Thema einigermaßen verständlich rübergebracht habe. Falls jemand überhaupt nicht klar kommt, soll er mir das Problem per email mitteilen, ich werde dann versuchen die Seite umzugestalten/ bzw. zu erweitern. Ich bitte um Verständnis, wenn ich nicht jede email mit Fragen persönlich beantworte.